Differentielles Lernen: Mit Kontrastübungen zum individuellen Stil
Oft stellt sich für viele Trainer und Sportler die Frage, welche Technik beim Schwimmen die „Richtige und Beste“ ist. Die Schwimmgurus dieser Welt haben darauf oft viele Antworten – meist zu viele. Es gibt zwar generelle Leitbilder für eine gute Technik, aber keine perfekten Schablonen, die auf jeden Athleten angewandt werden können. Wir haben ein paar Tipps, wie ihr trotzdem zu individuellen Lösungen kommen könnt.
Das Zauberwort heißt: Differentielles Lernen. Der Ansatz des differentiellen Lernens geht davon aus, dass Bewegungen ständigen Schwankungen unterliegen und nie zu 100 Prozent wiederholt werden können. Damit variiert auch das individuelle Bewegungsideal, weswegen es wenig effizient ist, sich ein starres Technikbild aufzuzwingen.
Angewandt auf das Schwimmen wird stattdessen das Bewegungsspektrum der Sportler erweitert, was ihnen langfristig bei der Ökonomisierung der Zielmotorik zugutekommen soll. Im Training sieht das praktisch zum Beispiel so aus, dass bewusst Bewegungsmuster eingebaut werden, die sonst allgemein als Fehler gelten würden. Durch das Erweitern des Bewegungsspielraums soll der Athlet ausloten, wie für ihn die individuelle Lösung für das Ziel „schnelle Fortbewegung“ aussieht.
Praktisch geht dies durch sogenannte Kontrastübungen. Dabei lässt man den Athleten abwechselnd zwei Extreme der jeweiligen Bewegung schwimmen, zum Beispiel indem man den Athleten für den Kraularmzug zunächst sechs Armzüge mit Unterwasser gestrecktem Arm und im Anschluss sechs Armzüge mit gebeugtem Ellenbogen (Ellenbogenvorhalte) schwimmen lässt.
Der Fantasie des Trainers sind hierbei kaum Grenzen gesetzt. Das Hauptaugenmerk sollte daraufgelegt werden, den Sportler vor ungewohnte und neue Bewegungsherausforderungen zu stellen und ihn zur Weiterentwicklung seines Bewegungsspektrums zu motivieren. Die vorhandene Technik soll optimiert werden, während gleichzeitig der Erfahrungsschatz an motorischen Handlungsmöglichkeiten ständig erweitert wird.
So kann tatsächlich ein individuell effizienter und schneller Stil entwickelt werden. Dies sieht man auch bei den Weltklasseathleten. Beobachtet man Schwimmer bei internationalen Wettkämpfen, finden wir etliche verschiedene Varianten und Ausprägungen der Schwimmtechniken. Körperliche Konstellationen, Kraftverhältnisse, Hebelverhältnisse, Beweglichkeit und Gelenkigkeit, und andere Parameter sind dabei bestimmende Faktoren. Deswegen lohnt es sich nicht immer, allein den Blick auf die Spitzenschwimmer zu richten und zu versuchen sie zu kopieren. Mit Kontrastübungen und differentiellem Lernen kann stattdessen der individuell optimale Stil gefunden werden.